Liebeslyrik vom besten.

"nach langer Eiszeit setze ich / den ersten Kuß / auf deine eingecremte Backe / wie eine Fußspur / auf unberührten Neuschnee // ich balanciere mit waghalsiger Zunge / auf deiner goldenen Kette / und stürze tief hinab ins Dekolleté / ich stelle mich bewußtlos / ein auf innere Verletzungen."

Der Cellist Felix Brade legt einen Band mit Liebesgedichten vor. Doch im Unterschied zum Minnesänger, dessen Werben um die geliebte frouwe unerfüllt bleiben wird, handeln sie von der romantischen körperlichen und erfüllten Liebe, deren Vergänglichkeit zuweilen im Moment ihrer Erfüllung aber schon angelegt ist. Der Liebende könnte im Zug "auf der Stelle / die Zugbegleiterin umarmen", er möchte "im Tauchbecken / zu deinem Becken tauchen", er ist der Klangkörper, auf dem eine Frau "Liebeslieder. / in allen Tonarten / ohne Vorzeichen" spielen kann. Doch Vorsicht:

"auf deinen spiegelglatten Augen / gerate ich ins Schleudern / es trägt mich / aus der mandelförmigen Kurve / in deinen Fangzaun / aus extra dafür / schwarz verstärkten Wimpern // hier will ich ohnmächtig bleiben / und überleben // schließ jetzt nicht die Lider / kein Feuerwehrmann könnte mich dann / noch aus dir herausschneiden